Irgendwann ist Zahltag.
Aus freien Stücken wird die Menschheit nicht zu einem einfachen, bescheidenen Leben zurückkehren. Zu verlockend ist der Gebrauch der modernen Technik: Strom, Smartphones, Satellitenfernsehen, Internet, Maschinen, elektrische und erdölbetriebene Helferlein nehmen uns die Arbeit ab.
Und heute träumen die Zukunftsforscher von Robotern die uns die Hausarbeit abnehmen, Autos die autonom fahren, und alles nur noch elektrisch passieren wird. Und wenn wir diesen Planeten ausgebeutet haben – so die Träume – fangen wir an die umliegenden Planeten auszubeuten. SpaceX und so’n Scheiß. Hochmut kommt vor dem Fall.
Extreme Arbeitsteilung lässt uns alle zu Spezialisten und Fachidioten werden. Wir können uns nicht mal mehr selbst aus der Natur versorgen. Nicht einmal Landwirte können das, sondern sie sind auf den reibungslosen Ablauf der zivilisatorischen Maschinerie angewiesen. Einer für alle – alle für einen. Wenn es kracht, dann sind wir alle fällig.
Anstatt uns frei zu machen, haben die Apprate uns versklavt. Wir können nicht mehr ohne sie existieren, und sie können nicht mehr ohne uns existieren, ohne uns erheblichen Schaden zuzufügen. Wir haben das Monster erschaffen, und wir müssen es füttern, weil es sonst uns frisst.
Dieses High-Tech-System entstand in einer Phase der Menschheitsgeschichte, die immer nur kurz währte: in einem Klimaoptimum. Wir haben alles darauf ausgerichtet, ohne daran zu denken, dass wir nur kleine, unbedeutende Wichte im Universum sind. Und wir haben vergessen, dass uns alle 206 Jahre der klimatische Hammer einholt, und die Sonne einfach mal zeigt, wer hier eigentlich Herr im Hause ist…
Ein solches System gab es (vermutlich) niemals zuvor auf der Erde, und es wird auch das letzte seiner Art sein.
Folgenden Text habe ich aus dem Buch »Enträtselte Zukunft« von F. Kohlenberg entommen. Der Autor beschreibt das, was uns blüht. Der Text ist nach rund 40 Jahren noch genauso aktuell wie damals, auch wenn wir ihn hier in einem anderen Kontext bringen:
„Als im deutschen Bundestag die Debatte auf den Naturschutz kam, sagte ein Parlamentarier: „Sollen wir etwa wieder mit der Postkutsche fahren, und zu Hause Flachs spinnen“, was unter den Abgeordneten nur allgemeine Heiterkeit auslöste. Das Lachen ist jenen Abgeordneten seither vergangen. Wie die Dinge liegen, werden kommende Generationen sich wahrscheinlich glücklich schätzen dürfen, wenn ihnen Postkutschen und ihren Frauen Flachs zum Spinnen überhaupt noch zur Verfügung stehen, was aber wohl kaum zu hoffen ist.
„Ist hier jemand für die Steinzeit?“ fragte der amerikanische Autor Isaak Asimov, Professor für Chemie an der Universität Boston. Rückzug aus fehlgelaufener Zivilisation in eine Art Serengeti für den Homo sapiens sei undenkbar, meinte er. „Das bedeutet den Tod von neun Zehnteln der Weltbevölkerung und den Verlust von zehn Zehnteln unserer Technologie. Wir müssen es also schon mit der Wissenschaft versuchen!“.
[…] Wie die Dinge liegen, ist es mit gutem Willen allein, mit „kleinen Schritten“ oder mit dem Auf-der-Stelle-Treten nicht getan. Um mit Hamlet zu reden: „Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage!“ In unglaublicher Verkennung der Wirklichkeit halten sogenannte Pragmatiker es für „irreal“ oder gar für „utopisch“, von der zivilisierten Bevölkerung zu verlangen, daß sie zum „einfachen Leben“ zurückkehre, auf Städte, Eisenbahnen, Flugzeuge, Kraftwagen Verzicht leiste, denn dies würde ja – so Professor Asimow – „den Tod von neun Zehnteln der Weltbevölkerung bedeuten“.
Mit Cromwell kann der Mitbetroffene da nur sagen: „Eine traurige Notwendigkeit!“ Der Zahltag ist eben gekommen. Die Schulden, die man so leichtfertig auflaufen ließ, werden vom Schicksal nun mehr mit Zinsen eingefordert. […]
Da nun das Raumschiff Erde nicht zu vergrößern ist, seine Vorräte an Rohstoffen und Nahrungsmitteln zur Neige gehen, ja, allen Lebewesen auf diesem Planeten der Erstickungstod droht, bleibt nur die Alternative, entweder einen Teil der Besatzung zu opfern oder insgesamt unterzugehen. Im übrigen ist es keineswegs sicher, daß neun Zehnteln der Weltbevölkerung ein solches Ende beschieden sein wird.
Gewiß, mancher Zivilisierte mag es vorziehen, lieber zu sterben als in harter Mühe dem verwüsteten Erdreich sein tägliches Brot abzuringen. Viele werden an Krankheiten und Seuchen zugrunde gehen, wenn der Medizin die technischen und pharmazeutischen Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen. Manche mögen es unerträglich finden, ihre hochkomfortablen Bungalows oder Herrensitze aufzugeben, um in die selbstgezimmerte ärmliche Fischerhütte oder Bauernkate ihrer Altvorderen zurückzukehren.
Ist das Glück unseren Enkeln und Urenkeln hold, dann klärt sich vielleicht der Himmel über ihnen nach und nach, die Gewässer reinigen sich im Laufe der Zeiten, wenn die Räder der Fabriken zum Stillstand gekommen sind, und langsam gewinnen sie die Kraft, Gesundheit und Lebensfreude der früheren Menschheit zurück.
Auch das Problem der Überbevölkerung, die – wie Professor Siekevitz meint – ebenso wie die Umweltverpestung eine Folge des raschen technischen Wachstums ist, wird sich in dem Augenblick von selbst lösen, wenn die Härte der Lebensverhältnisse ein Zuviel an Nachkommenschaft verbietet und das Gesetz der natürlichen Auslese wieder Geltung gewinnt.
Ob „wir wieder mit der Postkutsche fahren und zu Hause Flachs spinnen“ können, wird einzig und allein von der Regenerationsfähigkeit der Böden sowie vom Fleiß und der Umsicht ihrer Bebauer abhängen; es müßte als unverdiente Gnade betrachtet werden.“
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